»Soy Alemán« is a german travel journal newspaper about Cuba. It explores my personal view of a country that has a staunchly socialist government and how people try to live a modern life shown by the western world, past authorities. Specially the younger generation faces difficulties in their life everyday, because of the old habits of their parents and the government, which disapproves western way of thinking and living.

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Soy Alemán

Die Schlange vor dem einzigen Schalter wird immer länger. Anscheinend wollen einige Leute weg. Der Flughafen wirkt düster. Flug AF 3539 nach Paris, Charles de Gaulle. Eigentlich sollen wir in knapp zwei Stunden schon in der Luft sein. Die Schlange reicht quer durch die ganze Halle und wieder zurück. Auf die Idee, einen zusätzlichen Schalter zu öffnen, kommt hier niemand. Typisch gelassene cubanische Art. Hier hat man Zeit. Sogar am Flughafen. Insgesamt kommen heute nur fünf Flüge morgens an und abends zwei raus. Also warum aufregen. Nach der Gepäckaufgabe auf zum nächsten Schalter, 25 CUC Ausreisegebühr zahlen. Fidel sagte einmal, dass man den Tourismus für das Land nutzen müsse. Das äußert sich in zusätzlichen 25 CUC pro Person, die direkt der Regierung zukommen. Für das Geld bekomme ich einen kleinen Aufkleber auf mein Ticket, damit später beim Einstieg ins Flugzeug auch sichergestellt werden kann, dass ich bezahlt habe. Dann Personenkontrolle: Einzeln vortreten. In einer Art Sackgasse vor einer kleinen Theke auf die Markierungen am Boden stellen. Besser nicht reden. Meine Brille muss ich abnehmen und wie bei der Einreise wird ein Foto von mir gemacht. Durch eine Spiegelung hinter der ›Regierungspolizeifrau‹ sehe ich, wie sie meine beiden Bilder vergleicht und mehrfach einzeln die gesamten Zahlen und Buchstaben meines Reisepasses mit denen auf dem Bildschirm vergleicht. Hier möchte man sicher gehen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Das ›Büro‹ wirkt trostlos und dient nur diesem Zweck. Kanzel, Schreibtisch, Notizbuch und Computer. Mehr nicht. Endlich stempelt sie meine Touristenkarte, auf die ich schon meinen schönen Sticker bekommen habe. Dann ertönt der Türsummer und ich kann die Tür ohne Türklinke zu meiner Rechten aufstemmen. Es folgt der nächste Sicherheitscheck.

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In Cuba gibt es zwei verschiedene Währungen. Auf der einen Seite den ›normalen‹ Pesos, der lange die Standardwährung war. 25 Pesos entsprechen ca. einem Euro. Auf der anderen Seite gibt es noch den CUC, Pesos Convertible, der für Touristen eingeführt wurde, aber mittlerweile dafür genutzt wird, Luxusgüter zu kaufen. Dieser entspricht in seinem Wert ungefähr dem US-Dollar.

Ein cubanischer Arzt verdient im Monat ca. 35 CUC was ungefähr 20 € entspricht. Eine Stunde Internet oder eine Tafel Schokolade im Supermarkt kosten ungefähr 6 $. Ein Viertel des Monatslohnes. Nicht schlimm. Cubanern ist der ­Internetzugang ohnehin verboten und wird bestraft.

Jessie, der Sohn der Casabesitzer, ist Maler. Er mietet mit ein paar Freunden ein winziges Atelier, was nichts weiter ist, als ein kleiner Schuppen, der komplett vollgestellt ist. Dort malen sie zusammen fotorealistische Landschaftsölgemälde. Die Bilder verkaufen sie an Touristen. Im Ort gibt es sogar eine kleine Galerie in der einige Bilder hängen. Die Galerie ist eigentlich mehr auf cubanische Souvenirs ausgerichtet. Wie alle Cubaner hat auch Jessie zwei Jobs, um mehr Geld zu verdienen. Mit einem Job kommt man nicht ›um die Runden‹ sagt er mir. Jeder hier versucht zusätzlich durch den Tourismus extra Geld zu verdienen. Er selber hat sich, mithilfe verschiedener Touristen, Englisch beigebracht. Durch seine Englischkentnisse, die er stets verbessert, führt er nebenbei erfolgreich Wanderungen durch die Landschaft von Vinalez. Das Wandern mag er nicht besonders. Aber es bringt Geld. Also geht er zwei mal die Woche immer den gleichen Weg, um den Touristen etwas bieten zu können. Stolz zeigt er mir sein altes Blackberry, das er von einem Touristen geschenkthat, ebenso wie die Uhr an seinem Handgelenk. Gerne hätte
er ein Iphone. Sie seien sehr beliebt, da sie in Cuba nicht gekauft werden können, sagt er mir. Auch wenn die Hälfte der Funktionen hier nicht unterstützt wird durch Angst vor Spionage. 

Letztendlich starten wir mit fast anderthalb Stunden Verspätung. Bis alle Reisenden abgefertigt sind dauert es lange. Als wir in den Flieger einsteigen wollen, bildet sich wieder die gleiche Schlange. Die Tickets müssen überprüft werden. Hier läuft die Uhr anders …

Sueve, sueve. Tranquilo, tranquilo.

Wie überall gibt es in Cuba Bushaltestellen. Meist nur ein paar Bänke aber zum Teil sogar überdacht. In der Stadt sowie mitten auf der Autobahn, meistens unter Brücken. Dort versammeln sich die Cubaner um gemeinsam auf den Bus zu warten. Entweder in einer schönen Reihe oder im Knubbel, denn der, der zuerst da war, darf als erstes in den Bus einsteigen. Immer im System des ›El Ultimo!‹, was man ausruft, um herauszufinden, wer die Person war, die sich als letztes angestellt hat. Für Touristen ist das meistens sehr verwirrend, weil die Kubaner sich danach meist in ein Knäul von Wartenden auflösen. Das Warten kann lange dauern. Einen Fahrplan gibt es nicht. Der Bus kommt, wenn er kommt. Gezahlt wird beim Einstieg. Der Bus ist immer überfüllt und nicht mehr StVO- tauglich. Ab und zu wird auch abseits von Haltestellen angehalten, um Leute aussteigen zu lassen. 

Am Straßenrand, auch auf der ›Autopista‹, stehen Leute mit haufenweise Gepäck und wedeln mit Geldscheinen. Sie hoffen darauf von einem vorbeifahrenden Auto mitgenommen zu werden. Das Geld soll dabei die Aufmerksamkeit von Vorbeifahrenden wecken, die sich etwas dazu verdienen möchten. Gleichzeitig hoffen sie darauf eines dieser alten amerikanischen Autos zu erwischen. Sie gelten als Taxen für Cubaner. Diese werden – wie der Bus – bis auf den letzten Platz besetzt. Der Preis sinkt dann für alle. Taxifahren ist der lukrativste Job in Cuba und der Fahrer bekommt bei vollbesetztem Taxi genug Geld, um den Diesel, den er auf dem Schwarzmarkt kauft, zu bezahlen. So wirken die Autobahnen direkt außerhalb der Städte sehr belebt. Einige laufen in Fahrtrichtung und hoffen darauf doch noch von jemandem mitgenommen zu werden oder dass der Bus vielleicht doch kommt.

Y.  erzählt mir, dass er früher zur Uni zwei Stunden gebraucht hat. Jeweils einmal morgens und abends. Einmal sei der Bus kaputt gegangen und alle Passagiere mussten nach Hause laufen. Von der einen Seite der Stadt zur anderen. Erst mitten in der Nacht war er zuhause. Für ihn wäre ein Taxi zu teuer gewesen. 

 

Text von Felix von der Osten